Aktuelle Entscheidung bringt neue Erkenntnisse zum SV-Status
Das Thema der Sozialversicherungspflicht für Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) wird durch aktuelle Entscheidungen der Sozialgerichte Neubrandenburg (S 7 BA 7/23) und Landshut (S 1 BA 23/23) erheblich beeinflusst. Im Folgenden erfahren Sie alles zu den Hintergründen und möglichen Auswirkungen auf Betroffene.
Hintergrund des Falls
Der klagende Zahnarzt verkaufte im Jahr 2017 seine Praxis. Seitdem verfügte er über keine Zulassung mehr zur vertragszahnärztlichen Versorgung.
Von Januar 2018 bis April 2019 war er an bestimmten Tagen – überwiegend an Wochenenden – für die Kassenzahnärztlichen Vereinigung BaWü im Rahmen des Notdienstes tätig. Für diesen Notdienst wurden sowohl zugelassene als auch nicht zugelassene Zahnärzte eingeteilt.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellte im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens fest, dass der Zahnarzt im o.g. Zeitraum selbstständig tätig und eine Versicherungspflicht nicht gegeben war.
Hintergrund der Entscheidung zur Sozialversicherungspflicht eines GGF
In jüngsten Urteilen haben die Sozialgerichte Neubrandenburg und Landshut entschieden, dass Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) einer GmbH mit 50 % Anteilen als sozialversicherungspflichtig eingestuft werden können, wenn ihnen keine besonderen Entscheidungsbefugnisse eingeräumt wurden. Der Schlüssel liegt darin, ob der GGF bei Stimmengleichheit einen Stichentscheid hat, der ihm eine echte Gestaltungsfreiheit gibt. Fehlt diese Regelung, wird der Geschäftsführer als abhängig beschäftigt angesehen, was weitreichende Konsequenzen für die Sozialversicherungspflicht hat.
Die vollständigen Gerichtsbescheide der Sozialgerichte finden Sie hier als Download:
Sperrminorität – Bei GmbH & Sozialversicherungspflicht
Warum eine Sperrminorität nicht ausreicht
Früher galt oft, dass eine Sperrminorität – also das Verhindern von Beschlüssen – ausreichte, um die Selbstständigkeit eines GGFs zu begründen. Doch das Bundessozialgericht (BSG) hat klargestellt, dass dies nicht mehr genügt. Entscheidend ist nicht nur, dass der GGF Beschlüsse blockieren kann, sondern dass er tatsächlich in der Lage ist, aktiv die Geschicke der Gesellschaft zu lenken. Ohne diese umfassende Gestaltungsfreiheit wird der GGF als weisungsgebunden und damit abhängig beschäftigt eingestuft.
Hohe Beitragsnachforderungen durch das Statusfeststellungsverfahren bei GGF
Mögliche Folgen der aktuellen Entscheidung
Sollte sich die aktuelle Rechtsprechung durchsetzen, könnten viele Gesellschafter-Geschäftsführer rückwirkend als abhängig beschäftigt angesehen werden. Dies würde bedeuten, dass für mehrere Jahre Sozialversicherungsbeiträge nachgezahlt werden müssen, oft in erheblicher Höhe. Besonders betroffen sind GGFs, die nicht alleinige Inhaber ihrer GmbH sind und keine umfassende Entscheidungsbefugnis haben. Hier sollten dringend Maßnahmen zur Klärung getroffen werden.
Rechtzeitige Prüfung des Sozialversicherungsstatus für GGF
Sie sind selbst von den aktuellen Entwicklungen betroffen? Um sich vor bösen Überraschungen zu schützen, sollte jeder Gesellschafter-Geschäftsführer, der nicht über volle Entscheidungsgewalt in seiner GmbH verfügt, umgehend seinen Sozialversicherungsstatus überprüfen lassen. Eine rechtzeitige rechtliche Absicherung kann helfen, hohe Nachzahlungen und rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Die jüngsten Urteile machen deutlich, dass selbst GGFs, die bisher als selbstständig galten, von diesen Änderungen betroffen sein könnten – Vorsicht ist hier besser als Nachsicht. Sehr gerne unterschützen wir Sie bei Ihrem individuellen Anliegen. Nehmen Sie einfach Kontakt zu uns auf und wir melden uns schnellstmöglich zurück!KI-basierte Betriebsprüfung zum Statusfeststellungsverfahren
Die Deutsche Rentenversicherung veröffentlichte vor kurzem eine KI-Anwendung zur Unterstützung der Prüfdienste bei der Auswahl von risikoorientierten Arbeitgeberprüfungen. Ziel ist es, durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz effizientere Prüfungen durchzuführen und so die Mitarbeitenden zu entlasten und das Sozialversicherungssystem zu schützen. Diese automatisierten Prüfprozesse sollen künftig helfen, systematische Fehler oder Risiken frühzeitig zu erkennen und gezielter anzugehen.
Das Projekt „KIRA“ sollte allerdings mit Vorsicht betrachtet werden. Aufgrund des sehr komplexen und intransparenten Algorithmus der KI-Anwendung kann es zu einer Welle von möglicherweise ungerechten Bewertungen und Vorverurteilungen kommen. Da es nicht möglich ist, den Algorithmus der KI offenzulegen, ist oftmals unklar, wie es zur entsprechenden Statusbewertung kam.
Selbstverständlich stehen wir Ihnen in jeder Phase der Arbeitgeberprüfungen zur Seite. Nehmen Sie einfach Kontakt zu uns auf!