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26.07.2023

Beschäftigung einer GmbH bei einer gGmbh

Urteil des LSG Hessen vom 18.11.2021, L1 BA 25/21

Ist ein Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH abhängig bei einer gGmbH beschäftigt gewesen?

 

Eine GmbH und eine gGmbH schlossen Dienstleistungsverträge. Die GmbH als Auftragsnehmer wurde mit der „eigenständigen und eigenverantwortlichen Planung, Durchführung, Dokumentation und Überprüfung der stationären Krankenpflege […] ggf. in Kooperation mit den angestellten Pflegedienstmitarbeitern/-innen sowie der behandelnden Ärzte […] beauftragt“. Es wurde schriftlich fixiert, dass kein Arbeitsverhältnis begründet werden solle und der Auftragnehmer keinerlei Weisungen unterliege.

Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung

Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRB) beschied Sozialversicherungspflicht und begründete dies damit, dass die Tätigkeit des Alleingesellschafter-Geschäftsführers (nachfolgend Allein-GGF) auf die eines Krankenpflegers reduziert werden müsse. Allein-GGF und gGmbH legten Widerspruch ein, die DRB erließ Widerspruchsbescheide. In der Begründung führte sie an, dass auch in einer Ein-Personen-GmbH ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zum Auftraggeber gegeben sein könne. Hiergegeben richtete sich die Klage des Allein-GGF, in der er auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg, L 11 R 3853/16, vom 27.06.2017 verwies, wonach ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis leidglich mit einer natürlichen, aber keiner juristischen Person begründet werden könne. In der mündlichen Verhandlung führte der Kläger zudem an, dass er für verschiedene Auftraggeber tätig sei und nicht nur pflegerische, sondern auch Beratungs- und Organisationsleistungen erbracht habe.

 

Ergebnis des Sozialgerichts nach der Klage

Das Sozialgericht Darmstadt gab der Klage mit Urteil vom 15.02.2021 – S 13 R 645/16 – statt und stellte fest, dass der Kläger nicht sozialversicherungspflichtig tätig war. Es fehle bereits an einer rechtlichen Beziehung zwischen dem Kläger persönlich und der GmbH, die als abhängiges Beschäftigungsverhältnis gewertet werden könne, so das Gericht. Diese Rechtsbeziehung sei lediglich zwischen der GmbH und der gGmbH gegeben und da sich hier zwei juristische Personen gegenüberstünden, käme eine abhängige Beschäftigung nicht in Betracht. Ein Rechtsmissbrauch, wonach ein tatsächliches Arbeitsverhältnis verschleiert und die GmbH nur zu diesem Zwecke zwischengeschaltet worden sei, sei vorliegend zudem nicht erkennbar.

 

Berufung durch die Rentenversicherung

Die Rentenversicherung legte Berufung ein. Die vom Kläger zitierten Urteile zur Rechtsmissbräuchlichkeit seien auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Sie verwies auf ein BSG-Urteil aus dem Jahr 2019, wonach Pflegekräfte, die als Honorarkräfte in stationären Pflegeeinrichtungen tätig sind, regelmäßig abhängig beschäftigt seien. Auch ein Urteil des Sozialgerichts Oldenburg stütze ihre Rechtsauffassung; hier ging es um eine als Kükensortiererin tätige Allein-GGF einer UG. Das Gericht urteilte, dass nicht das Verhältnis der Kükensortiererin zur UG, sondern die Tätigkeit als Kükensortiererin maßgeblich sei.

Der Kläger erwiderte, dass die Beklagte die Existenz der GmbH nicht einfach hinwegfingieren könne, damit in deren Grundrechte eingreife. Es gäbe detaillierte Dienstleistungsverträge, die rechtliche und auch steuerliche Konsequenzen habe. Die GmbH hafte gegenüber Auftraggebern, habe Angestellte und eigene Büroräumlichkeiten.

 

Ergebnis des Landessozialgericht Hessen

Das Landessozialgericht Hessen bestätigte mit Urteil vom 18.11.2021 (L 1 BA 25/21) die erstinstanzliche Rechtsauffassung. Zwar spreche vieles für eine abhängige Beschäftigung des Klägers als Pfleger, jedoch seien die Dienstvereinbarungen mit der GmbH und nicht mit Kläger direkt geschlossen, zu der er auch in keinem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe.

Verfassungs- und sozialrechtlich bestehe grundsätzlich die Pflicht, die vom bürgerlichen Recht gewährleistete und ausgestaltete eigenstände Existenz und Handlungsfähigkeit juristischer Personen rechtlich zu Grunde zu legen. Weder von einem Scheingeschäft gem. §117 BGB noch von einem Missbrauch der Rechtsform sei vorliegend auszugehen. Die GmbH habe eigene Büroräume angemietet, eigene Angestellte, eine Haftpflichtversicherung, eine eigene Homepage. Auch, dass es sich um eine GmbH mit einem Stammkapital von mind. 25.000,- Euro handelt, spreche gegen die Annahme eines Missbrauchs der Rechtsform zur Umgehung der Sozialversicherungspflicht. Die zitierten Urteile der Beklagten seien zudem auf den hiesigen Fall nicht übertragbar.

 

Die Revision wurde zugelassen und eingereicht. Das Verfahren ist beim BSG anhängig (B 12 R 15/21 R).

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