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Betriebsprüfungen der Sozialversicherung – Tipps & Hinweise

1.11.2021

Betriebsprüfungen der Sozialversicherung – Tipps & Hinweise

Betriebsprüfung der Sozialversicherung – Tipps für eine gelungene Prüfung

Bei der Sozialversicherungsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung gibt es einige typische Fallstricke, die es zu vermeiden gilt. Als Fachanwälte für Sozialversicherungsrecht und Scheinselbstständigkeit haben wir daher die wichtigsten Tipps, Verhaltenshinweise und anschauliche Beispiele aus der Praxis zusammengetragen, die Ihnen dabei helfen, sicher durch die Betriebsprüfung zu kommen. Schauen Sie auch in unseren ersten Beitrag zum Thema Sozialversicherungsprüfungen rein, in dem wir die verschiedenen Arten der von Betriebsprüfungen der DRV vorstellen und häufig gestellte Fragen zum Ablauf beantworten.

Tipp 1: Wählen Sie den richtigen Arbeitsplatz für die Betriebsprüfer

Sie sind bei einer Prüfung in Ihrem Betrieb verpflichtet, dem Prüfdienst einen geeigneten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, also Stuhl, Tisch, idealerweise Steckdosen und ggf. sogar Zugang zu einem Drucker oder Kopierer. Hilfreich kann zudem ein WLAN-Zugang sein. Natürlich sollten Sie nach Möglichkeit eine ruhige, angenehme Arbeitsatmosphäre zur Verfügung stellen, in der die Prüferin oder der Prüfer sich wohl fühlt. Annehmlichkeiten wie ein reservierter Parkplatz o.ä. erleichtern die Arbeit zusätzlich, da der Prüfdienst ggf. mit schwerem Equipment anrückt.

Niemand sitzt gerne in einer engen dunklen Ecke, im Durchzug, mitten im Getümmel oder neben lärmenden Maschinen. Berücksichtigen Sie dies bei der Platzwahl. Außerdem müssen Sie dem Prüfdienst wichtige, sensible Unterlagen zur Verfügung stellen, u.a. Ihre Fremdleistungskonten, Rechnungsordner, Gehaltsunterlagen und Gesellschaftsverträge, Handelsregisterauszüge, Gesellschafterlisten. Da dies sensible Geschäftsunterlagen sind, empfiehlt sich ein abschließbarer Raum in diskreter Atmosphäre, jedenfalls kein Durchgangszimmer und erst recht nicht der Empfangsbereich oder Gesellschaftsräume. Zugang zu sanitären Anlagen und ggf. auch der Kaffeeküche sollten selbstverständlich sein.

Außerdem sollten Sie sicherstellen, dass kompetente Ansprechpersonen Ihres Betriebes ständig für Rückfragen oder die Beschaffung etwa benötigter weiterer Unterlagen oder Informationen zur Verfügung stehen. Dies kann, muss aber nicht, die Geschäftsführung sein, ebenso leitende Kräfte aus der Buchhaltung oder HR-Abteilung, sofern diese über Zugang zu den wichtigen Unterlagen und Daten verfügen. Diese Ansprechpersonen sollten während der gesamten Prüfung kurzfristig für den Prüfdienst erreichbar sein, müssen jedoch nicht ständig im selben Raum sein. Im eigenen Interesse wählen Sie Ansprechpersonen aus, die im sozialrechtlichen Wortgebrauch erfahren sind und die nicht unbeabsichtigt durch z. B. falsche Wortwahl einen ungünstigen Eindruck bei den Betriebsprüfern der DRV hinterlassen.

Die Prüferinnen und Prüfer leisten wichtige Arbeit und verhindern so Ausbeutung und schlechte Arbeitsbedingungen in prekären Branchen. Damit schützen sie indirekt auch Sie bzw. Ihren Betrieb vor Konkurrenz oder Wettbewerbern, die nur durch ausbeuterische Bedingungen günstigere Angebote abgeben können als Sie. Je besser Sie den Prüfdienst unterstützen, umso eher ist die Prüfung beendet und desto schneller kann der Prüfdienst sich beim Wettbewerber gründlich umsehen. Die Prüferinnen und Prüfer haben im Übrigen die im Bereich der Scheinselbstständigkeit äußerst unbefriedigende Gesetzeslage nicht zu verantworten und verdienen eine wertschätzende und respektvolle Behandlung.

Tipp 2: Bereiten Sie Ihr Team auf die Betriebsprüfung der Rentenversicherung vor

Eine unachtsame Wortwahl durch ungeschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder deren Verhalten kann unbeabsichtigt einen falschen Eindruck bei den Betriebsprüfern der Sozialversicherung hinterlassen. Wenn Ihre Subunternehmer, freie Arbeitskräfte oder Vertragspartner sonst nie in Ihren Räumlichkeiten arbeiten, sollten sie nicht ausgerechnet am Tag der Sozialversicherungsprüfung dort erscheinen. Vermeintlich harmloser Small-Talk mit Ihren Mitarbeitern kann auch einer gewissen Ausforschung dienen. Holen Sie sich daher bei Unsicherheiten unbedingt Expertenrat und Unterstützung zur Vorbereitung einer Prüfung und gehen Sie kein Risiko ein.

Ein reales Beispiel veranschaulicht, wie man es nicht machen sollte: Der Prüfbetrieb hatte eine „freie Mitarbeiterin“ für Lohnbuchhaltung und „Büroassistenz“ auf Honorarbasis engagiert. Während der Prüfung zeigte besagte „freie Mitarbeiterin“ ihren festen Arbeitsplatz in den Betriebsräumlichkeiten, sprach immer wieder von ihrem „Chef“ und im Vorfeld wurde der Prüftermin verschoben mit der Begründung, dass sie da schon in der Urlaubsliste eingetragen sei. Sie sprach unterschiedslos von „Gehalt“, gleichgültig ob sie die Gehälter der Angestellten meinte oder die Honorare von freien Mitarbeitern. Zum Teil entsprachen ihre Schilderungen und ihr Auftreten den vertraglichen und gelebten Regelungen, zum Teil handelte es sich jedoch auch um eine unnötig irreleitende und sehr sorglose Wortwahl. Daraufhin wurde der Betriebsprüfdienst nicht nur auf diese „freie Mitarbeiterin“ aufmerksam und beurteilte sie rückwirkend als abhängig Beschäftigte, sondern nahm sich insgesamt die Fremdleistungskonten und Rechnungsordner besonders gründlich vor und forderte dann eine hohe sechsstellige Summe für zahlreiche Honorarkräfte nach. Dies konnte erst im Rahmen eines langjährigen Gerichtsverfahrens, zu dem wir hinzugezogen worden waren, deutlich reduziert werden.

 Tipp 3: Vorsicht bei Fragebögen und Formularen zur Sozialversicherungsprüfung

Bedenken Sie, dass viele Fragebögen und Formulare der Deutschen Rentenversicherung bestenfalls missverständlich und in Teilen auch als echte Fangfragen konzipiert sind, beispielsweise der V027 zur Feststellung von Scheinselbstständigkeit bzw. Statusfeststellung. Lassen Sie daher bei der Zusammenstellung der Unterlagen besondere Vorsicht walten und lesen sie Dokumente gründlich durch. Im besten Fall holen Sie sich spätestens, bevor Sie solche Fragebogen ausfüllen, wie etwa den V027, die C0031, 0032, 0033, 0036 und weitere, unbedingt fachkundigen Rat, der weiß, wie die Fragen gemeint sind und was dahintersteckt.

Beispiel für eine irreführende Formulierung in Feststellungsbögen der Rentenversicherung: Wenn im V027 gefragt wird „übt die zu beurteilende Person außer in Ihrem Unternehmen auch noch weitere abhängige Beschäftigungen aus“, dann sollten Sie (wenn es sich bei der zu beurteilenden Person um eine/n Selbständige/n handelt) klarstellen, dass diese Person vielleicht anderswo abhängig beschäftigt sein mag, bei Ihnen jedoch nicht.

Tipp 4: Prüfen Sie regelmäßig Ihren Internetauftritt

Ihr Internetauftritt kann mitunter zu kostspieligen und unnötigen Risiken bei der Sozialversicherungsprüfung führen, von denen wir hier nur einen kleinen Teil exemplarisch aufzählen können. Wenn dort in einer Rubrik wie „Unser Team“ nicht nur Angestellte, sondern auch Honorarkräfte aufgezählt werden, am besten mit Foto und interner Durchwahl oder E-Mail-Adresse, womöglich sogar als „Teamleiter“ oder „Gruppenleitung“ mit festen Zuständigkeitsbereichen und dies wird während einer Betriebsprüfung entdeckt, können Sie nahezu sicher sein, dass eine umfangreiche Scheinselbstständigkeitsprüfungdurchgeführt und jeder Rechnungsordner unter die Lupe genommen wird. Prüfen Sie daher rechtzeitig und regelmäßig relevante Seiten, von denen Annahmen über Ihre Mitarbeiter abgeleitet werden könnten.

Mit guter Vorbereitung sicher durch die Betriebsprüfung der Sozialversicherung

Unsere Erfahrungen zeigen: Machen Sie spätestens zur Vorbereitung einer Betriebsprüfung den Sozialversicherungs-Check, bereiten Sie sich und Ihr Team vor, und holen Sie sich Unterstützung von Profis. Das ist im Zweifel deutlich billiger als hinterher überzogene Forderungen abzuwehren oder auf Missverständnissen beruhende Fehlvorstellungen zu korrigieren.

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