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Musikschullehrer – versicherungspflichtig und selbstständig tätig

29.03.2023

Musikschullehrer – versicherungspflichtig und selbstständig tätig?

Entgegen einer Entscheidung aus dem Jahr 2017, wonach ein Musikschullehrer versicherungspflichtig und selbstständigsein sollte, oder im Jahr 2018, als das BSG die selbstständige Tätigkeit eines Gitarrenlehrers feststellte (B 12 3/17 R), bestätigte das BSG nun kürzlich mit Urteil vom 28.06.2022, B 12 R 3/20 R, die abhängige und somit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung einer Musikschullehrerin.

Wie kann es zu solch divergierenden Entscheidungen kommen? Das Gericht führt hierzu aus, dass es möglich sei, „dass ein und derselbe Beruf – je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis – entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird.“ Abstrakte, einzelfallüberschreitende Aussagen im Hinblick auf bestimmte Berufs- oder Tätigkeitsbilder seien daher grundsätzlich nicht möglich.

 

Die Fakten zum Fall der versicherungspflichtigen Musikschullehrerin

Im vorliegenden Fall hatten Schule und Musikschullehrerin eine Vereinbarung über eine „freiberufliche Unterrichtstätigkeit“ im Fach Klavier/Keyboard geschlossen. Es wurde ein festgelegtes Honorar für geleistete und für von Schülern ausfallbedingte Unterrichtsstunden vereinbart. Ausfallstunden, die von der Musikschullehrerin begründet wurden, konnten in Absprache mit der Schule nachgeholt werden. Sie hatte zudem Vorgaben zum Unterrichtsort (in den Räumen der Schule), Unterrichtsequipment (Klavier, Keyboard), Rahmenvertrag des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM) und Unterrichtszeiten (Stundenplan) einzuhalten. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsansprüche wurden nicht vereinbart; ein Angestelltenverhältnis sollte nicht gegeben sein.

 

Die Entscheidung über den Fall der Musikschullehrerin und ihrer Versicherungspflicht

Auf Antrag der Musikschullehrerin stellte die Deutsche Rentenversicherung fest, dass sie abhängig und somit sozialversicherungspflichtig angestellt ist. Das Sozialgericht bestätigte diese Entscheidung, das Landessozialgericht hob die Entscheidung des Sozialgerichts auf. Das Bundessozialgericht bekräftige sodann die Entscheidung der Rentenversicherung und des Sozialgerichts.

Tenor der Entscheidung: Es überwiegen hier die Merkmale abhängiger Beschäftigung. Die Musikschullehrerin unterliege den Weisungen der Schule und sei in deren Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen. Dass die Parteien mit den vertraglichen Gegebenheiten eine selbstständige Tätigkeit begründen wollten, sei nicht allein ausschlaggebend.

 

Merkmale für die abhängige Beschäftigung der Lehrerin an einer Musikschule

Maßgebend seien die arbeitnehmertypischen Gegebenheiten, wie die Pflicht zur persönlichen Arbeitsleistung sowie die Festlegung auf bestimmte Unterrichtszeiten und Räumlichkeiten. Gestaltungsfreiheit habe es für die Musiklehrerin nicht gegeben; auch kein Unternehmerrisiko; Ausfallstunden, die in der Person der Lehrerin lagen, haben nachgeholt werden können, jene von Schülern begründete, seien bezahlt worden. Die gesamte Organisation habe der Schule oblegen, diese sei nach außen gegenüber den Schülern aufgetreten, von der Anwerbung bis zur Kündigung. Die Musiklehrerin akquirierte nicht und arbeitete nicht auf eigene Rechnung.

Dass der Vertrag darauf abzielte, eine selbstständige Tätigkeit begründen zu wollen, Urlaub und Entgeltfortzahlung ausgeschlossen habe sowie enthielt, dass Einkommenssteuer abgeführt werden müsse, stehe hinter all dem zurück.

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