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Prüfung bei Verdacht auf Scheinselbständigkeit

15.11.2021

Prüfung bei Verdacht auf Scheinselbständigkeit

Betriebsprüfung der Rentenversicherung bei Verdacht auf Scheinselbständigkeit

Bei einer Sozialversicherungsprüfung der Deutschen Rentenversicherung wird ermittelt, ob Arbeitgeber alle relevanten Beiträge, wie etwa die Kranken-, Renten-, Pflege-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung oder auch die Künstlersozialabgabe, korrekt berechnet und abgeführt haben. Bei einer solchen Betriebsprüfung gibt es jedoch verschiedenste Risiken und Fallstricke, die dazu führen können, dass bei den Betriebsprüfern der Verdacht auf Scheinselbständigkeit entsteht. Wie Sie sich im Falle einer Sozialversicherungsprüfung richtig verhalten, um dies zu vermeiden, erfahren Sie ebenfalls in unserem Blog.

Ist die Prüfung jedoch bereits beendet und der Verdacht auf Scheinselbständigkeit besteht, stellt sich die Frage, wie die weiteren Ermittlungen ablaufen und welche Konsequenzen dies für Sie und Ihr Unternehmen haben kann.

Was passiert bei Verdacht auf Scheinselbständigkeit?

Mehr als ärgerlich ist es, wenn der Prüfdienst – nachdem viele Male alle Angaben abgenickt wurden – diesmal plötzlich anderer Meinung ist als Sie. Da wird die Baufirma, der Hausmeisterservice oder das Schreibbüro plötzlich zu Ihrer Arbeitnehmerin bzw. Ihrem Arbeitnehmer, obwohl Sie im Vertrauen darauf, alles richtig zu machen, ordnungsgemäß Steuern und Beiträge geleistet haben.

Besteht der Verdacht auf Verstöße wie z. B. Scheinselbständigkeit, Schwarzarbeit, Vorenthaltung von Sozialabgaben etc., kann ohne Ankündigung geprüft werden. Gegebenenfalls kann eine solche Prüfung auch verbunden werden – oder sogar einer Prüfung vorausgehen – mit einer Durchsuchung der Geschäfts- und Privaträume und der Beschlagnahme von Unterlagen, Computern, Speichermedien oder Mobiltelefonen.

Ablauf der Ermittlungen bei einer Prüfung zu möglicher Scheinselbstständigkeit

Die Ermittler können Auftraggeber bzw. Endkunden anschreiben unter Bezugnahme auf laufende Ermittlungen wegen möglicher Delikte wie § 266a StGB, Schwarzarbeit etc., um weitere Informationen zu beschaffen wie etwa Zugangskontrollsystemdaten auf Baustellen. Dies schädigt ggf. ganz nebenbei Geschäftsbeziehung nachhaltig. Vorrangig soll diese Vorgehensweise Diskrepanzen zwischen erfassten/gemeldeten Arbeitszeiten und gegenüber Dritten abgerechneten Leistungen aufdecken und wird dann zur Grundlage von Nachforderungen. Wenn etwa ein Abgleich mit Ihren Öffnungszeiten oder Ihren Ausgangsrechnungen ergibt, dass diese Zeiten unmöglich durch Sie selbst und eine Minijobkraft erbracht worden sein können, die von Ihnen offiziell gemeldet wurde, kann dies zu Auseinandersetzungen führen.

Beitragsnachforderungen aufgrund von Scheinselbstständigkeit

Die Prüfdienste schließen vom Vorwurf („Schwarzarbeit“) auf die Tatbestandsmerkmale und im Rahmen dieses Zirkelschlusses folgt nahezu unweigerlich der Vorsatz-Vorwurf.
Damit einher geht: Ausdehnung der Verjährung von Beitragsforderungen von vier auf 30 Jahre, Anwendung der Nettolohnhochrechnung (verbeitragt wird dann nicht das tatsächlich geschuldete/gezahlte Honorar, sondern ein deutlich höheres fiktives Brutto) und Verhängung von Säumniszuschlägen (1 % pro Monat). So beläuft sich die Nachforderung nicht selten auf den ca. 2,5-fachen Betrag der gezahlten Honorare.

Rechtsmittel gegen Beitragsforderungen haben keine aufschiebende Wirkung, und wenn der Bescheid über eine oft sechs- oder sogar siebenstellige Nachforderung erst einmal erlassen wurde, wird auch vollstreckt.

Risiken von Scheinselbständigkeit für Arbeitnehmer

Vernehmungen Ihrer (auch ehemaligen) Auftragnehmer bei der Staatsanwaltschaft oder dem Hauptzollamt, Ladungen auch an Sie und Führungskräfte Ihres Unternehmens, Strafbefehle oder gar Gerichtsverhandlungen, hohe Geldstrafen und ggf. zusätzlich die sogenannte „Abschöpfung“ – der vermeintlich hinterzogenen Sozialabgaben – und weitere Probleme folgen. Sie dürfen während solcher Verfahren ggf. nicht mehr an Ausschreibungen teilnehmen, müssen sich ständig fragen, ob Sie gerade Insolvenzverschleppung betreiben, und würden für den Fall einer Privatinsolvenz im Zweifel noch nicht einmal von den Schulden befreit, weil Sozialabgaben besondere Priorität genießen.

Scheinselbständigkeit vorbeugen

Um den genannten Risiken und einem Reputationsschaden vorzubeugen, gilt es sich gegenüber dem Verdacht auf Scheinselbständigkeit abzusichern. Holen Sie sich regelmäßig und auf jeden Fall rechtzeitig vor einer turnusmäßigen Sozialversicherungsprüfung professionelle Rechtsberatung zum Sozialversicherungsrecht ein, um Rechtsunsicherheit zu vermeiden. Ein spezialisierter Anwalt für Scheinselbständigkeit kann außerdem für Sie prüfen, ob Kriterien einer Scheinselbstständigkeit vorliegen und Sie zu Ihren Möglichkeiten beraten.

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