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Was bedeutet eine Betriebsprüfung zur Sozialversicherung?

30.09.2021

Betriebsprüfung Sozialversicherung

Was bedeutet eine Betriebsprüfung zur Sozialversicherung?

Durch eine regelmäßige Betriebsprüfung kontrollieren Versicherungsträger, ob Arbeitgeber Ihrer Meldepflicht hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge nachgehen. Erfüllen beispielsweise Unternehmen diese Pflichten nicht ordnungsgemäß, drohen hat dies mitunter immense, finanzielle Konsequenzen! Welche Betriebsprüfung im Rahmen des Sozialversicherungsrechtes durchgeführt werden und wann Sie mit einer solchen Prüfung rechnen müssen, erläutern wir Ihnen hier.

 

Welche Arten der Sozialversicherungsprüfung gibt es in Deutschland

Am häufigsten sind die turnusmäßigen Betriebsprüfungen durch die Deutsche Rentenversicherung nach § 28p SGB IV. Sie finden normalerweise alle vier Jahre statt.
Gemäß des Sozialversicherungsrechtes prüfen die Rentenversicherungsträger hierbei, ob Arbeitgeber die Beiträge zur Kranken-, Renten- Pflege-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung korrekt berechnet und abgeführt haben und ihren gesetzlichen Meldepflichten ordnungsgemäß nachgekommen sind. Außerdem kontrollieren Betriebsprüfer, ob die Künstlersozialabgabe zutreffend abgeführt und bestehende Wertguthaben insolvenzgesichert sind. Die Betriebsprüfung umfasst auch die Umlagen wegen Krankheit und Mutterschaft sowie die Insolvenzgeldumlage. Die Deutsche Rentenversicherung nimmt sich dafür die Entgeltunterlagen der Mitarbeiter vor.
Alle Beschäftigungs- und Ausbildungsverhältnisse, die innerhalb des Betriebsprüfzeitraums (regulär vier Jahre) bestanden haben oder noch bestehen, werden überprüft. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die keine Beiträge gezahlt werden. Das bedeutet, auch Gesellschafter, Freelancer, Honorarkräfte und freie Mitarbeiter werden geprüft. Gelangt der Prüfdienst zu einer abweichenden Einschätzung, wird es mitunter sehr teuer für Sie.

 

Wer führt eine Betriebsprüfung zur Sozialversicherung durch?

Reguläre Sozialversicherungsprüfung

Wer eine Arbeitgebernummer hat, weil mindestens ein Arbeitnehmer zur Sozialversicherung angemeldet wurde, wird automatisch und in der Regel alle vier Jahre überprüft (§ 28p Abs. 1 SGB IV).

Für die Zuständigkeit innerhalb der Deutschen Rentenversicherung ist grundsätzlich die Endziffer der Betriebsnummer des Hauptbetriebes (= Arbeitgeber, der Entgeltunterlagen selbst führt und Beitragsschuldner ist) bzw. die einer etwaigen Abrechnungsstelle, in der auch die Prüfung stattfinden soll, maßgebend. Die Betriebsnummern der Unterbetriebe sind nicht relevant. Haben Sie für Ihre Gehaltsabrechnungen eine Abrechnungsstelle beauftragt, bestimmt deren letzte Betriebsnummernziffer über den zuständigen Prüfdienst.

Danach ergibt sich die folgende Zuständigkeitsregelung:

  • Betriebsnummer-Endziffern 0-4: Deutsche Rentenversicherung Bund
  • Betriebsnummer-Endziffern 5-9: Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung (ehemalige Landesversicherungsanstalten, heute Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, Rheinland, Nord etc.)

Bei Ad hoc-Prüfungen aus Anlass von Insolvenzereignissen und in den Fällen der illegalen Beschäftigung/Schwarzarbeit ist generell die Betriebsnummer des Betriebs maßgebend.

Außerreguläre Rentenversicherungsprüfung

Hierneben wird im Rahmen der Schwarzarbeitsbekämpfung durch das Hauptzollamt geprüft, je nach Branche auch ohne konkreten Anlass (z.B. im Baugewerbe), auf:

  • Anzeigen (auch anonyme, beispielsweise durch Konkurrenten, ehemalige Mitarbeiter oder aus der Nachbarschaft),
  • zufällig (Mitarbeiter der Zollbehörden entdecken zu ungewöhnlicher Uhrzeit oder Tageszeit auffällige Aktivitäten und entschließen sich zu spontanen Kontrollen) oder auf
  • Hinweis durch andere Abteilungen der Deutschen Rentenversicherung.
    Dies geschieht am häufigsten, wenn aktuelle oder ehemalige Vertragspartner etwa eine Rentenkontoklärung durchführen und hier angeben, von Ihnen beauftragt worden zu sein, wenn Ihr Unternehmen im Rahmen einer Betriebsprüfung zur Rentenversicherung bei Ihren eigenen Vertragspartnern auffällt oder wenn Dritte beim Ausfüllen verschiedenster Formulare der Deutschen Rentenversicherung Ihr Unternehmen als Vertragspartner benennen.

Wie lange dauert in der Regel eine Betriebsprüfung zur Rentenversicherung?

Hier gibt es keine generellen Vorgaben. Die Prüfdauer richtet sich nach der Größe des Unternehmens. Und dem Umfang der individuellen Problemstellungen.

 

Was muss ich bei einer Betriebsprüfung zur Rentenversicherung beachten?

Der Arbeitgeber muss darauf achten, dass sich ein sachverständiger Dritter innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Lohn- und Gehaltsabrechnung verschaffen kann. Dabei ist nicht nur Vollständigkeit, sondern auch Übersichtlichkeit gefragt. Das gilt auch für die Speicherbuchführung. Grundsätzlich werden alle Personen erfasst, die im oder für den Betrieb innerhalb von vier Jahren (gesetzlicher Verjährungszeitraum) beschäftigt sind beziehungsweise waren.

Der Arbeitgeber muss einen geeigneten Raum oder einen Arbeitsplatz für die Prüfung zur Verfügung stellen – inklusive der erforderlichen Hilfsmittel wie etwa einen Computer mit der entsprechenden Software. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber beziehungsweise die zuständige Abrechnungsstelle über alle Tatsachen Auskunft geben und alle Unterlagen vorlegen, die für die Sozialversicherung relevant sind. Umgekehrt können die Arbeitgeber die Zeit nutzen, um mit dem Prüfer offene Fragen zum Versicherungs-, Beitrags- und Melderecht der Sozialversicherung zu besprechen.

Ab 2023 muss der Arbeitgeber dem Prüfer auch die Prüfunterlagen per sogenannter EU-BP digital zur Verfügung stellen. Allerdings kann sich der Arbeitgeber bis 31.12.2026 davon befreien lassen.

 

Welche Unterlagen werden bei Betriebsprüfung der Rentenversicherung benötigt?

In erster Linie wird die Entgeltabrechnung geprüft. Im Rahmen der Entgeltabrechnung bezieht sich die Prüfung auf die Abrechnungsergebnisse und Entgeltunterlagen (Stundenzettel, Entgeltabrechnungen, Reisekostenabrechnungen usw.), die Beitragsabrechnungen, die Beitragsnachweise, die Meldungen und sonstigen versicherungs-, beitrags- und melderechtlich relevanten Unterlagen aus dem Bereich des Rechnungswesens sowie der Bescheide und Prüfberichte der Finanzbehörden.
Außerhalb der Entgeltabrechnung wird die Finanzbuchhaltung als Teil des betrieblichen Rechnungswesens zur Prüfung herangezogen.

 

Welche Bestandteile hat die Betriebsprüfung zur Sozialversicherung?

Die Betriebsprüfungen zur Rentenversicherung umfassen insbesondere:

  • die von den Arbeitgebern vorgenommenen Beurteilungen der Beschäftigungsverhältnisse (Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit),
  • für die Beitragsberechnung vorgenommenen Beurteilungen der Entgeltbestandteile und Festlegung der Höhe des Arbeitsentgeltanspruchs,
  • vorgenommenen zeitlichen Zuordnungen der Entgelte und Berechnungen der Beiträge,
  • in diesem Zusammenhang abgegebenen Meldungen,
  • vorgenommenen Berechnungen der Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichgesetz (AAG),
  • vorgenommenen Berechnungen der Insolvenzgeldumlage und zu führenden Entgeltunterlagen.
  • Weitere Prüffelder sind ggf. die Abgaben zur Künstlersozialversicherung und der Berufsgenossenschaft.
    Die Prüfung erfolgt grundsätzlich stichprobenhaft.

Wie lange kann die Rentenversicherung Beiträge nachfordern?

Die Verjährung von Ansprüchen auf Sozialversicherungsbeiträge orientiert sich an der Beitragsfälligkeit. Danach muss der Sozialversicherungsträger Beitragsansprüche grundsätzlich bis zum Ablauf des vierten Kalenderjahres nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge fällig geworden sind, gegenüber dem Beitragsschuldner geltend machen.

 

Welche Gründe für eine anlassbezogene Betriebsprüfung zur Sozialversicherung gibt es?

Im Rahmen der Bekämpfung von Schwarzarbeit, Ermittlungen der Steuerfahndung oder staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen beispielsweise nach § 266a StGB können sogenannte anlassbezogene Betriebsprüfungen eingeleitet werden. Hierbei besteht dann schon der Verdacht, dass Sie nicht alle Beschäftigungsverhältnisse ordnungsgemäß gemeldet und zu wenig oder keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt haben.

 

Fazit: Was ist eine Rentenversicherungsprüfung?

Die Prüfung zur Rentenversicherung ist die häufigste Form der Sozialversicherungsprüfung. Diese findet in der Regel alle vier Jahre statt. Zudem kontrollieren Betriebsprüfer die ordnungsgemäße Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge von Betrieben sowohl aufgrund bestimmter Anlässe als auch in Verdachtsfällen. Daher ist es wichtig, dass Sie die Lohnunterlagen hinsichtlich der gesetzlichen Meldepflicht zur Sozialversicherung genaustens prüfen, um finanzielle Folgen zu vermeiden. Gerne unterstützen wir Sie hierbei!

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